Reise in die Heimat

Vom 20. bis zum 28. Juli 1998 besuchte ich, gemeinsam mit meinen Eltern, zum ersten Mal unsere alte Heimat im ehemaligen Sudetenland (heute Tschechei).

Am 20. Juli fuhren wir nach Waldsassen, wo wir das Grab meiner Pattermann-Urgroßeltern besuchten.
Am nächsten Tag ging es weiter über Prag, wo wir den Hradschin (mit Königspalast und Veitsdom) und die Karlsbrücke besichtigten, nach Mährisch-Rothwasser (südlich von Grulich), wo wir im Hotel Alfa Quartier fanden.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Am 22. Juli erkundeten wir den Geburtsort meines Vaters, Mährisch-Rothwasser. Wir fanden sein ehemaliges Geburtshaus, von dem die Grundmauern weiterverwendet wurden und das nun Teil eines Altersheimes ist, und die Felder meines Schwarzer-Großvaters.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Über den Schwarzen Berg fuhren wir nunmehr nach Riedersdorf, wo mein Pattermann-Urgroßvater von 1896 bis 1945 ein großes Gasthaus und viele Felder besaß - von dem Haus ist kein Stein mehr da.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Über Ober-Hermanitz, das der Pfarrort von Riedersdorf war, und Schildberg gelangten wir nach Herautz, in dem die Familie Pattermann vor Riedersdorf gewohnt hatte. Auf dem Friedhof fanden wir auch noch das Grab zweier Pattermann, die möglicherweise mit einem meiner Vorfahren verwandt waren.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Am 23. Juli fuhren wir auf den Grulicher Muttergottesberg, einem Wallfahrtsort, der durch Spenden von Sudetendeutschen wieder renoviert wurde.
Anschließend ging es weiter nach Groß-Mohrau, dem Stammort der Familie Schwarzer.
Auf dem Weg nach Klein-Mohrau, dem Geburtsort meines Schwarzer-Großvaters, waren unzählige Spuren des Hochwassers von 1997 sichtbar, an denen immer noch gearbeitet wird.
In Klein-Mohrau selbst besuchten wir die über 90jährige Witwe eines guten Bekannten meines Großvaters. Auch sein Geburtshaus steht nicht mehr.
Als Abschluß fuhren wir nach Woitzdorf, in dem die Schwarzers lange Jahre nach Groß-Mohrau und vor Klein-Mohrau lebten. Auf dem Friedhof (auf dem einer meiner Vorfahren Totengräber war) fanden sich noch viele Schwarzer-Gräber, aber (nach unserem Wissen) keiner, der direkt mit uns verwandt war.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Am 24. Juli fuhren wir über Grulich, Hannsdorf, Goldenstein und Freiwaldau zur Schäferei im Altvater-Gebiet und bestiegen den Gipfel des Altvaters.
Danach ging es weiter über Römerstadt, Freudenthal, Troppau und Fulnek zu unserer zweiten Basis: Neutitschein, die Hauptstadt des Kuhländchens. Hier fanden wir Quartier im ehemaligen Heinrichshof, dem heutigen Hotel Praha.

© Alte Heimat Kuhländchen

© Alte Heimat Kuhländchen

Zur Geschichte von Neutitschein:
14.07.1240: Älteste Urkunde der "Burg Ditschin", der heutigen Burgruine Alttitschein.
1313: Johann von Luxemburg verleiht Neutitschein das Stadtrecht (erste schriftliche Erwähnung).
1373: Vok von Kravar erteilt der Stadt das Stadtwappen.
1500: Die Zerotiner erhalten die Stadt und das Herrschaftsgut.
1503: Ein großer Brand zerstört die bisher hölzerne Stadt; es wird mit dem Aufbau von Steinbauten begonnen.
1558: Loskauf von der Untertänigkeit. Neutitschein wird Kammerstadt und königliches Eigentum.
1620: König Friedrich von der Pfalz ("Winterkönig") erhebt Neutitschein zur Königsstadt.
25. Juli 1621: In Neutitschein war die kaiserliche Garnison, bestehend aus 690 Spaniern und Neapolitanern und 200 Deutschen, eingeschlossen. Ihr Gegner, Markgraf Johann Georg von Brandenburg-Anspach, Herzog von Jägerndorf (ein Parteigänger des Winterkönigs) brannte die Stadt bis auf die Grundmauern nieder. Dadurch mußte die Garnison die Stadt verlassen und sich auf Gnad und Ungnad ergeben. 200 Mann davon, beritten, wollten sich durchschlagen; diese wurden bis auf den Oberst Kosche und sechs Soldaten im Kampf niedergemacht. Die deutschen Truppen fielen daraufhin von ihrem Glauben ab und schlossen sich der feindlichen Macht an. Die verbliebenen 400 Spanier, die treu ihrem Eidschwur und dem Glauben blieben, wurden Mann für Mann nach ihrer Entwaffnung erschlagen und ermordet, obwohl der Markgraf ihnen freien Abzug zugesagt hatte, wenn sie die Waffen niederlegten. Am folgenden Tag wurden sie von den Bewohnern begraben. An diesem Ort wurde bereits 1622 eine kleine Kapelle errichtet und 1724 die heutige Spanische Kapelle gebaut, welche 1864 zum letzten Mal umgebaut wurde.
23.05.1624: Neutitschein wird dem Jesuitenkonvikt in Olmütz unterstellt und wird somit wieder zur Untertanenstadt.
1768: Ein ausgedehnter Brand zerstört die barocke Stadt; es folgt ein klassizistischer Aufbau.
1773: Auflösung des Jesuitenordens.
16.09.1775: Municipalstadt durch Privileg Kaiserin Maria Theresia.
13.04.1787: Kaiser Josef II. übernachtet in Neutitschein (Gasthof Nr. 10).
14.07.1790: Feldmarschall Laudon stirbt in Neutitschein (1769-1779 Oberbefehlshaber in Mähren).
1799: Ansiedlung der Hückel-Familie in Neutitschein; Beginn der Fabrikerzeugung von Hüten.
1800/13: Der russische General Suvorov bzw. Zar Alexander I. besuchen Neutitschein.
1832: Gründung der ersten Textilfabrik mit Dampfmaschinen.
1840: Niederreißung des ersten Teils der Stadtmauer.
1879: Gründung der Fabrik für Kutscherleuchten.
1880: Die Eisenbahnverbindung wird in Betrieb genommen.
14.03.1912: Erzherzog Karl besucht Neutitschein.
1929: Aufstellung des Bauernbrunnens.
1945/46: Vertreibung der Sudetendeutschen aus Neutitschein.
12.10.1961: Die Stadt Ludwigsburg übernimmt die Patenschaft für die Kuhländer Sudetendeutschen.
1967: Der historische Stadtkern wird zum Denkmal erklärt.

Am 25. Juli besichtigten wir in Neutitschein den Stadtplatz: Die Pestsäule mit dem berühmten Kuhländler Bauernbrunnen; das Sterbehaus Laudons; die Alte Post von 1563; das Haus zum grünen Brunnen, in dem Kaiser Joseph II. nächtigte, und das Rathaus.
Nun besuchten wir die Pfarrkirche, in der meine Radkovsky-Großelten 1939 heirateten, und das Zerotiner-Schloß mit dem bekannten Hückel-Hut-Musem.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Anschließend fuhren wir die vier bekannten Stellen ab, wo meine Vorfahren bis 1945 wohnten: Die Häuser in der Rosengasse und Fröhlichgasse wurden durch typische Ostblock-Hochhäuser ersetzt, in der Mühlgasse steht nun eine Schule, einzig das Haus am Siedlungsplatz ist noch vorhanden und sieht genauso aus wie vor 70 Jahren.
Weiter fuhren wir über Mährisch-Weißkirchen, Jesernik (wo wir drei Häuser meiner Heitmann-Vorfahren fanden) und Leipnik nach Olmütz. Hier besichtigten wir den Dom.
Zurück ging es über Fulnek, der zweitgrößten Stadt im Kuhländchen, und Partschendorf (wo einer meiner Zirps-Vorfahren Kirchvater war).

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Am 26. Juli besichtigten wir das Innere der Neutitscheiner Pfarrkirche, den Festungsturm von 1614, die Dreifaltigkeitskirche, das Beinhaus und die Spanische Kapelle, welche leider wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Ladislav Smitke, Tschechische Republik © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Ladislav Smitke, Tschechische Republik

Wir besuchten danach die Burgruine Alttitschein und Hotzendorf, den Geburtsort von Frantisek Palacky.

© Milos Barinka et al., Tschechische Republik

Am Nachmittag gingen wir auf den Friedhof von Neutitschein, wo wir zu unserer eigenen Überraschung noch das Grab der Drexler-Großeltern meines Großvaters Wilhelm Radkovsky vorfanden.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Anmerkung: Am 4. März 1999 habe ich den Nutzungsvertrag für das Grab meiner Drexler-Ururgroßeltern erneuert. Auf den folgenden Bildern sind Johann und Berta Drexler sowie das erneuerte Grab zu sehen:

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen

Am 27. Juli fuhren wir in die Mährisch-Schlesischen Beskiden, das Gebirge rund um Neutitschein, in dem meine Großeltern immer viel gewandert sind.

Am 28. Juli fuhren wir von Neutitschein zurück nach Hause mit einem Zwischenhalt im südmährischen Opatov, in dem die Radkovskys jahrzehntelang Müllermeister waren.

© Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen © Thomas Wilhelm Schwarzer, Friedberg in Hessen


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Letzte Änderung am Sonntag, 9. Dezember 2001.